Funktionsweise OCT

Was passiert nun beim OCT? Um dies zu verstehen, müssen wir zuerst den Begriff der Kohärenz und ganz besondere der Kohärenzlänge verstehen. Hierum geht es in diesem Abschnitt. Davor solltest du aber die Interferenz verstanden haben. Hast du damit noch Probleme, dann frisch das erst einmal auf, zum Beispiel durch dieses Video.

Hast du dir das nochmal angesehen, beziehungsweise weißt du schon, was Interferenz ist? Dann müssen wir kurz noch den Begriff der stabilen Interferenz klären. Licht interferiert immer, aber wir können nicht immer ein Interferenzmuster erkennen. Beim Michelson-Interferometer, welches auch unten im Video verwendet wird, sehen wir wunderschön das Interferenzmuster des Lasers. Bleiben unsere beiden Spiegel an der gleichen Stelle, dann können wir stundenlang das genau gleiche Interferenzmuster betrachten. Rein theoretisch, wenn wir dem Experiment genügend Energie zur Verfügung stellen und alle Störungen von ihm fern halten, könnten wir dieses Muster für immer betrachten. Das nennen wir ein stabiles Interferenzmuster.

 

Wo sehen wir Kohärenz?

In dem Video ist gut zu erkennen, dass wir bei einem schmalbandigen Laser dauerhaft (auch wenn wir weit verschieben) ein stabiles Interferenzmuster erkennen. Das Interferenzmuster verändert sich zwar, wenn wir den Spiegel verschieben, aber wir könnten immer anhalten, wenn es uns besonders gut gefällt und das Muster ewig betrachten. Im Gegensatz dazu sehen wir, wenn wir eine breitbandige Lichtquelle (also weißes Licht, auch Weißlichtquelle genannt) verwenden, dass wir nur für eine sehr kurze Strecke ein stabiles Interferenzmuster auf dem Schirm betrachten können. Sind wir aus diesem Bereich hinaus, dann sehen wir überhaupt kein Interferenzmuster mehr, das Interferenzmuster scheint zu verschwinden. Wie bereits gesagt interferiert das Licht natürlich noch immer, das Interferenzmuster ist aber so instabil, dass wir es nicht mehr sehen. Was ist also nun der Unterschied? Der Unterschied ist die zeitliche Kohärenzlänge des Lichts.

Aber was ist nun diese zeitliche Kohärenzlänge?

Kurz gesagt bezeichnet die zeitliche Kohärenzlänge zweimal die Länge, um welche wir einen Spiegel in unserem Michelson-Interferometer verschieben können und immernoch ein stabiles Interferenzmuster sehen. Da das Licht den Weg zwischen Strahlteiler und Spiegel immer auf dem Hin- und dem Rückweg durchläuft, kommt es hier zu dem Faktor 2.

Etwas mehr im Detail kannst du das hier nachlesen, das geht allerdings sehr in die Tiefe und wir werden im Folgenden erstmal mit dieser einfachen Formulierung weiterarbeiten, denn sie ist ausreichend, um das Experiment verständlich zu machen. 

Wir erkennen also: Das Laserlicht hat eine sehr lange Kohärenzlänge, wärend das Weißlicht eine sehr kurze Kohärenzlänge hat. Wir können in unserem Aufbau nicht bestimmen, wie groß die Kohärenzlänge des Laserlichtes ist und tatsächlich ist sie so lange, dass wir manchmal einfach sagen, sie sei unendlich. Das ist nicht wirklich wahr, da kein Laser perfekt ist, aber meist sind unser Experiment sehr klein im Vergleich zur Kohärenzlänge und daher ist diese Näherung für PhysikerInnen ok.

Wichtig ist an dieser Stelle zu sagen, dass Kohärenz keine Eigenschaft der Lichtquelle sondern des Lichts selbst ist. Wir können Licht, das von einem Laser kommt "so kaputt machen", dass es die gleichen Eigenschaften hat wie Weißlicht, und wir können extrem viele Filter und optische Elemente vor unser Weißlicht hängen, bis es eine immer längere Kohärenzlänge erhält, also sich dem Laserlicht annähert (allerdings wird die Intensität dabei auch immer schwächer).  

Also: Kohärenzlänge ist eine Größe des Lichts, welche uns in unserem vorliegenden Experiment sagt, wie lange wir in einem Michelson-Interferometer ein stabiles Interferenzmuster sehen.

Nun ist es etwas unpraktisch, jedes Mal ein genauestens aufgebautes Michelson-Interferometer zu verwenden. Was ist also der Unterschied zwischen Weißlicht und unserem idealen Laserlicht? Welche Eigenschaften hat Licht?

Normalerweise können wir klassisch zwei Eigenschaften verwenden, um Licht zu beschreiben: Intensität und Spektrum. Die Intensität hängt im Prinzip nur davon ab, wie sehr wir die Power aufdrehen. Die Intensität von unserem Laser könnten wir ganz niedrig schalten und uns eine Flutlichtanlage vom Fußballplatz besorgen, oder aber wir holen uns eine Taschenlampe und nutzen einen Industrielaser. Egal wie hoch oder niedrig wir die Intensität drehen, ist sie nicht so niedrig, dass wir nichts mehr sehen, so ändert sie nichts an unserem Interferenzmuster. Also betrachten wir stattdessen einmal das Spektrum. Abbildung 1 zeigt das Spektrum von unserem idealen Laserlicht und einer Weißlichtquelle. Das Spektrum unseres idealen Laserlichts ist sehr, sehr schmal, unsere Kohärenzlänge sehr, sehr lang. Das Spektrum unserer Weißlichtquelle ist eher breit, die Kohärenzlänge eher kurz. Das alleine ist natürlich keine ausreichende Beweisführung, aber es zeigt das Prinzip und wir können jetzt sehr, sehr viele Experimente mit unterschiedlichem Licht machen, und das ganze sogar theoretisch herleiten. Das Ergebnis: Je breiter das Spektrum, desto kürzer unsere Kohärenzlänge (und umgekehrt)!

Spektrum Laser/Weißlichtquelle
Abbildung 1: Vergleich der Breite der Spektra von einer Weißlichtquelle und einem Laser. Es ist erkennbar, dass das Spektrum der Weißlichtquelle viel breiter ist, als das des Lasers. Beim idealen Laser haben wir nur eine Wellenlänge, Weißlicht besteht allerdings aus einer Mischung aus vielen Wellenlängen.

Meistens, wenn nicht spezifisch erwähnt, redet man im Unterricht von kohärentem Licht. Das bedeutet wir idealisieren unser Licht, wie zum Beispiel das unseres Lasers, und gehen von einer unendlichen Kohärenzlänge aus. Ansonsten wären alle Berechnungen wesentlich schwerer. Du kannst ja mal darauf achten, wie häufig in Aufgaben oder ähnlichem das kleine Wörtchen "kohärent" hineinschlüpft. :)

Wie nutzen wir das nun im Experiment?

Haben wir Licht mit einer sehr kurzen Kohärenzlänge, dann sehen wir nur dann ein stabiles Interferenzmuster, wenn unsere beiden Spiegel fast exakt den gleichen Abstand zum Strahlteiler haben, ansonsten nicht. Wir können also unseren verstellbaren Spiegel so lange verstellen, bis wir ein Interferenzmuster sehen können, dann wissen wir: die Spiegel haben fast exakt den gleichen Abstand. 

Ersetzen wir den verstellbaren Spiegel mit einer Probe, so ändert sich ganz besonders, dass wir nun meist nicht nur eine einzige hochreflektive Schicht haben, sondern mehrere Grenzflächen. Das bedeutet: wir haben mehrere Grenzen, an welchen sich der Brechungsindex ändert. Im Auge ist das zum Beispiel dadurch gegeben, dass wir unterschiedliche Gewebearten wie zum Beispiel die Netzhaut und die Aderhaut haben, welche mit dem Licht unterschiedlich reagieren. Immer wenn wir eine Grenzfläche zwischen zwei Medien mit unterschiedlichem Brechungsindex haben, so wird an der Grenzfläche etwas Licht reflektiert. Wie viel hängt u.a. vom Unterschied zwischen den Brechungsindizes ab.

Bewegen wir nun diese Probe langsam, so sehen wir immer dann ein stabiles Interferenzmuster, wenn eine dieser Grenzflächen fast exakt den gleichen Abstand zum Strahlteiler hat wie der Referenzspiegel. Wir sehen also nicht nur einmal ein stabiles Interferenzmuster, sondern mehrere Male. Dies ist in der Animation unten skizziert. Wenn wir nun wissen, um wie viel wir die Probe zwischen zwei stabilen Interferenzmustern bewegt haben, so können wir auf die Dicke einer Schicht zurückschließen. Wir wissen also, wie viel Abstand zwei Grenzflächen haben. Dies ermöglicht es uns, 3D Bilder von Proben zu erstellen.

Darstellung der Detektion von Interferenzmustern durch Reflektion an Grenzflächen bei einer beweglichen Probe (immer wenn - durch die beiden angelegten Lineale erkennbar gemacht - eine Grenzfläche der Probe ungefähr den gleichen Abstand zum Strahlteilerwürfel hat wie der Spiegel, dann sehen wir ein Interferenzmuster)

Weiter gehts mit der Anwendung in der Medizin.